Menschenwissenschaft I



Humes Anregungen einer WISSENSCHAFT UEBER DEN MENSCHEN werden seit Jahrhunderten uebersehen. Nur wenige sagen es laut, dass wissenschaftliche Forschungsergebnisse ‚menschengemacht sind‘. Was laege da naeher, als zu untersuchen, wie Menschen zu ihren Forschungsergebnissen kommen? Hume machte es vor, wie so eine Menschenwissenschaft aussehen könnte.


Transposition

Abhandlung ueber die menschliche Natur

Einleitung

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Ich habe festgestellt, dass alle Wissenschaften mehr oder weniger eine Beziehung zur menschlichen Natur haben. Wie weit sie sich auch davon entfernen moegen, auf dem einen oder anderen Weg kehren sie zu ihr zurueck. Sogar Mathematik, Naturwissenschaft und natuerliche Religion haengen gewissermaßen von der Wissenschaft ueber den Menschen ab. Wissenschaftliche Ergebnisse ergeben sich naemlich aus dem, was Menschen perzipieren (bzw. sensorieren). Außerdem werden die Ergebnisse nur in der Art und Weise interpretiert, wie Menschen sie im Rahmen ihrer jeweiligen persoenlichen Moeglichkeiten und Faehigkeiten zu begreifen in der Lage sind. Es ist daher unmoeglich, vorherzusagen, welche Entwicklungen und Verbesserungen in den Wissenschaften moeglich waeren, waere durchweg bekannt, bis zu welchem Grad und wie sich Menschen beobachtbare und erforschbare Ereignisse begreifbar machen, d.h. gemaeß welcher Gesetzmaeßigkeiten ‚human understanding‘ zu stande kommt.

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Wenn im Hinblick auf die moegliche Bedeutung des oben skizzierten ‚human understanding’ die Wissenschaften Mathematik, Naturwissenschaften und ’natuerliche Religion‘ entsprechend abhaengig von Kenntnissen ueber den Menschen sind, was duerfte dann fuer die anderen Wissenschaften erwartet werden koennen, deren Verbindung mit der menschlichen Natur enger und eigentlicher sind? Um diese Frage beantworten zu koennen, waere auch fuer sie darzulegen, auf welchen natuerlichen Grundlagen und in welcher Art und Weise Menschen ihre Ueberlegungen anstellen. Außerdem waere zu klaeren, wie unsere ‚ideas’ beschaffen sind. Im Hinblick auf moralische Fragen waere zu erlaeutern, wie Menschen sich ein allgemein akzeptiertes Verhalten aneignen. Dazu gehoert auch die Behandlung von Fragen im Hinblick auf Beduerfnis-, Interessen- und Gefuehlslagen, ebenso wie natuerliche Grundlagen oeffentlicher zwischenmenschlicher Beziehungen, die davon ausgehen, dass Menschen gesellschaftsweit miteinander verbunden und voneinander abhaengig sind.

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Ich gehe daher davon aus: Um zu verwertbaren Ergebnissen kommen zu koennen, duerfte die Untersuchung des ‚human understanding‘ das einzige erfolgreiche Mittel fuer meine philosophischen Forschungen sein. … Indem ich so die menschliche Natur selber untersuche, wende ich mich unmittelbar dem zentralen Bezugspunkt jeder dieser Wissenschaften zu … Wenn es mir gelingt, in der menschlichen Natur grundlegende Prinzipien des ‚human understanding‘ zu entdecken, duerfte es ohne weiteres moeglich sein, diese Kenntnisse auf andere Wissenschaften erfolgreich anzuwenden. Von da aus duerften diese Kenntnisse auf alle jene Wissenschaften ausgedehnt werden koennen, die sich eingehend mit dem menschlichen Leben beschaeftigen. Im Anschluss daran duerften ohne Probleme die Kenntnisse vollstaendiger entdeckt werden koennen, die sich durch Gegenstaende bloßer Faszination ergeben. Ich behaupte, es gibt einerseits keine Frage von Belang, deren Antwort nicht in der Wissenschaft ueber den MENSCHEN enthalten sein duerfte. Andererseits duerfte keine Frage zutreffend beantwortet werden koennen, bevor diese Wissenschaft nicht bekannt ist. Wenn ich also vorhabe, die Grundlagen der menschlichen Natur zu offen zu legen, habe ich vor ein komplettes wissenschaftliches Gebaeude zu entwerfen, das auf einer fast voellig neuen Basis steht. Die einzige, wie ich annehme, von der aus einigermaßen gesichert geforscht werden kann.

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Wenn die Wissenschaft ueber den Menschen die einzige ergiebige Basis fuer alle anderen Wissenschaften sein soll, dann sind Erforschen* und Beobachten die einzig moegliche Basis fuer sie selber.

*experience wird mit einer lexikalisch moeglichen Variante wiedergegeben, die eine philosophiehistorische Kritik mit einschließt. Die philosophiegeschichtlichen Kategorien „Empirismus“, „Empirie“ bzw. „Empiriker“ , die haeufig aus erkenntnistheoretischer Sicht auf Hume angewandt wird, scheinen mir ohne naeheres Hinsehen auf das, was Hume im Kontext zu ‚experience‘ ausfuehrt, geeignet das Missverstaendnis zu erzeugen, Hume habe sich mit erkenntnistheoretischen Fragen beschaeftigt.

Orginal

Treatise of Human Nature

Introduction

4

’Tis evident, that all the sciences have a relation, greater or less, to human nature; and that however wide any of them may seem to run from it, they still return back by one passage or another. Even Mathematics, Natural Philosophy, and Natural Religion, are in some measure dependent on the science of Man; since they lie under the cognizance of men, and are judged of by their powers and faculties. ’Tis impossible to tell what changes and improvements we might make in these sciences were we thoroughly acquainted with the extent and force of human understanding, and cou’d explain the nature of the ideas we employ, and of the operations we perform in our reasonings.

5
If therefore the sciences of Mathematics, Natural Philosophy, and Natural Religion, have such a dependence on the knowledge of man, what may be expected in the other sciences, whose connexion with human nature is more close and intimate? The sole end of logic is to explain the principles and operations of our reasoning faculty, and the nature of our ideas: morals and criticism regard our tastes and sentiments: and politics consider men as united in society, and dependent on each other.


6 Here then is the only expedient, from which we can hope for success in our philosophical researches, to leave the tedious lingring method, which we have hitherto followed, and instead of taking now and then a castle or village on the frontier, to march up directly to the capital or center of these sciences, to human nature itself; which being once masters of, we may every where else hope for an easy victory. From this station we may extend our conquests over all those sciences, which more intimately concern human life, and may afterwards proceed at leisure to discover more fully those, which are the objects of pure curiosity. There is no question of importance, whose decision is not compriz’d in the science of man; and there is none, which can be decided with any certainty, before we become acquainted with that science. In pretending therefore to explain the principles of human nature, we in effect propose a compleat system of the sciences, built on a foundation almost entirely new, and the only one upon which they can stand with any security.  7 And as the science of man is the only solid foundation for the other sciences, so the only solid foundation we can give to this science itself must be laid on experience* and observation.  *An act of knowledge, one or more, by which single facts or general truths are ascertained; experimental knowledge; (Webster’s Revised Unabridged Dictionary)


			

revisiting: sympathy 3



Hume verknüpft seine Beschreibung, dass jede Art verbaler bzw. nonverbaler Aeuszerungen anderer das eigene ICH veranlassen, dazu passende und ihm entsprechende Vorstellungen, Empfindungen und Emotionen hervorzubringen., im folgenden mit einem weiteren Sachverhalt, den er glaubt, festgestellt zu haben:

Transposition

Abhandlung über die menschliche Natur, 2.1.11.4

Es ist für mich offensichtlich, dass ich mich kontinuierlich und unmittelbar mehr oder weniger stark selber sensoriere. Außerdem gehe ich davon aus, dass mir stets eine bewusste und lebhafte Vorstellung von mir  selber zur Verfügung stehe. Dieses ICH kann sich jedoch nicht vorstellen, dass irgendetwas, das zu ihm gehört, außerhalb des von sich selber Sensorierten oder seiner Vorstellung von sich sei.
Ein anderes ICH, das mit meinem ICH in Kontakt steht, dürfte eine ähnlich lebhafte Vorstellung von sich haben wie mein ICH, und vermutlich entsprechend der Art und Weise, wie dies oben erläutert wurde, Empfindungen von mir mitfühlen können. Der interindividuelle Kontakt dürfte einen beträchtlichen Einfluss darauf haben, wenn auch nicht so stark wie dies in Ursache-Folge-Beziehungen der Fall sein dürfte. „Ähnlichkeit mit“ ebenso wie „Nähe zu Eigenem“ dürften weitere Einflussgrößen sein, die aus Sicht des ICH nicht bestritten werden können. Im vorliegenden Fall scheint sich dieser Zusammenhang gleichsam aufzudrängen: Mein ICH verhält sich nämlich so, als assoziiere es von interindividuell sensorierbaren Zeichen im Sinne von Ursache und Folge auf etwas, das bei ihm so ähnlich oder für ihn selber nahe liegend zu sein scheint.
[Vgl. dazu Enquiry III,2: Es werden solche Vorstellungen miteinander verknüpft, die sich ähneln, die dicht beieinander liegen und die sich eine aus der anderen ergeben.]

Original

Treatise of Human Nature, 2.1.11.4

Tis evident, that the idea, or rather impression of ourselves is always intimately present with us, and that our consciousness gives us so lively a conception of our own person, that ’tis not possible to imagine, that any thing can in this particular go beyond it. Whatever object, therefore, is related to ourselves must be conceived with a like vivacity of conception, according to the foregoing principles; and tho’ this relation shou’d not be so strong as that of causation, it must still have a considerable influence. Resemblance and contiguity are relations not to be neglected; especially when by an inference from cause and effect, and by the observation of external signs, we are inform’d of the real existence of the object, which is resembling or contiguous.
[View also: Enquiry Concerning Human Understanding III,2:To me, there appear to be only three principles of connexion among ideas, namely, Resemblance, Contiguity in time or place, and Cause or Effect.]

revisiting: sympathy 2


Wie ist sympathisieren moeglich?

Seine Antwort gibt Hume – wie dies bei ihm durchgaengig der Fall ist – als Resuemee seines eigenen ‚hinsehen‘ (observing). Ein Humesches Resuemee hat – so ein Resuemee meiner Transpositionsarbeiten – stets den Charakter von versuchsweisen Schlussfolgerungen, die Hume bereit ist jederzeit zu revidieren. Im Untertitel seiner ‚Abhandlung über die menschliche Natur‘ wird dieser Charakter von Hume als „experimental Method of reasoning“ bezeichnet. Dieser Terminus wird von anderen mit ’naturwissenschaftlicher Methode‘ oder ‚Methode der Erfahrung‘ transponiert. Damit kommt m.E. das vorsichtige Finden und das Humesche Bewerten eigener Resuemees als Annahmen überhaupt nicht in den Blick.

Sympathie im Sprachgebrauch zu Hume’s Zeiten

Zu Humes Zeiten war mit ‚Sympathie‘ im oeffentlichen Sprachgebrauch noch ein Teil der vielfaeltigen griechisch-lateinischen Mitbedeutungen lebendig, die sich auf Physiologisches bezogen. z.B. stand Sympathie fuer ‚mitempfinden, gleiche empfindung, teilhaben an einer beschaffenheit, natuerliche uebereinstimmung von dingen, natuerlicher zusammenhang, wechselbeziehung‘. Gelaeufig war auch noch der eingeschraenktere physiologisch-medizinische Sprachgebrauch, der mit ‚Sympathie‘ den Zusammenhang des erkrankten Organs mit Symptomen an anderen noch intakten Organen beschrieb. Zunehmend aber entstanden im Laufe des 17./18. Jahrhunderts ausgepraegte, metaphorisierte Bedeutungszweige, die mit Sympathie vor allem seelische Beziehungen zwischen Menschen beschrieben. (vgl. ‚Sympathie‘ im DWB) Heute wird unter Sympathie fast ausschlieszlich “Zuneigung, bzw. eine positive gefuehlsmaeszige Einstellung zu jemand anderem” (Duden: Bedeutungswoerterbuch) verstanden.

Sympathie als (neuro)physiologisches Aktivitätsprinzip

Hume bezeichnet mit ’sympathy‘ aus meiner Sicht ein (neuro-)physiologisches Prinzip, das der jeweilige Mensch autonom jeweils situativ unterschiedlich auspraegt – und zwar abhängig vom individuellen Erleben und der als Erfahrung bezeichneten Auswertung des Erlebten. Beides entspricht nach Auskunft der Neurowissenschaften neurophysiologischen Aktivitaetsmustern.

Transposition

Abhandlung über die menschliche Natur, 2.1.11.3

Wenn mein ICH durch Sympathisieren mit Gefuehlen anderer angesteckt wird, sensoriert es zuerst deren Wirkungen. Als Wirkungen bezeichne ich alle sensorierbaren Anzeichen in Koerperhaltung, Mimik, Gestik und in sprachlichen Aeuszerungen von Meinungen und Beobachtungen. Mein ICH sensoriert diese Anzeichen, und so wird ihm eine ‚idea‘ (eine erste eigene schwache Vorstellung) von den Gefuehlen des anderen ermoeglicht. Diese ‚idea‘ wird fuer mein ICH im Handumdrehen staerker und heftiger sensorierbar und verwandelt sich in eine ‚impression‘ (eine sehr starke, lebhafte Vorstellung). Diese erreicht einen entsprechenden Grad von Kraft und Lebendigkeit und ruft in mir genauso eine Emotion hervor, wie jede andere eigene Empfindung.

Orginal

Treatise of Human Nature, 2.1.11.3

When any affection is infus’d by sympathy, it is at first known only by its effects, and by those external signs in the countenance and conversation, which convey an idea of it. This idea is presently converted into an impression, and acquires such a degree of force and vivacity, as to become the very passion itself, and produce an equal emotion, as any original affection.

revisiting: sympathy 1



Transposition

Abhandlung über die menschliche Natur 2.1.11.2

Menschen zeigen ein bemerkenswertes Charakteristikum, das sowohl als Phänomen als auch hinsichtlich seiner Folgen deutlich unter anderen hervorsticht. Jeder Mensch hat das Beduerfnis gemeinsam mit anderen das zu teilen, was er sensoriert: d.h. er möchte mit anderen sympathisieren. Er tritt zu anderen in Kontakt, indem er sich ueber Neigungen, Interessen und Ansichten unterhaelt, auch wenn diese von seinen eigenen verschieden sind oder gar im Widerspruch zu ihnen stehen. Das ist nicht nur deutlich beim kindlichen ICH zu sehen, das ganz selbstverständlich Auffassungen anderer übernimmt und so mit anderen in Kontakt bleibt. Auch ein erwachsenes ICH mit einem differenzierten Urteils- und Denkvermoegen findet es sehr schwierig, bei eigenen Beweggruenden und Auffassungen zu bleiben, wenn diese zu denen von Freunden oder Lebenspartnern im Widerspruch stehen. Ich nehme an, dass dieses Verhaltensmuster die ausgeprägte Uniformität bewirkt, die bei Menschen einer Nation hinsichtlich Emotionen und Denkweise beobachtet werden kann. … Ein froh gestimmtes ICH befindet sich im nu in der gleichen Stimmung wie seine Begleiter. Auch ein in sich gekehrtes und missgelauntes ICH nimmt die Stimmung seiner Landsleute und seines Bekanntenkreises an. Wenn ein anderer froehlich ist, fuehle ich mich merklich gelassen und heiter. Ist jemand verärgert oder betruebt, fuehle ich mich augenblicklich niedergeschlagen. Empfindungen wie ich hasse, ich bin verstimmt, ich werde anerkannt, ich liebe, ich bin mutig, ich bin heiter, ich bin niedergeschlagen, erlebe ich oefter im Kontakt mit anderen, als dass sie – wenn ich  alleine bin – von meinem eigenen angeborenen Temperament und meiner momentanen Stimmung ausgehen. Ein derart bemerkenswertes Phänomen verdient Aufmerksamkeit. Ich moechte ihm nachspueren und herausfinden, welches die grundlegenden Prinzipien sein dürften, die „sympathisieren“ ermoeglichen könnten.

Anmerkung: ICH bezeichnet die allgemeine Einheit Koerper (traditionell: Mensch) bzw. die näher bestimmte Einheit Koerper (traditionell: ich). Dieser gewöhnungsbedürftige Terminus soll den ausschlieszlich von mir unterstellten physiologischen Charakter ‚Mensch‘ deutlich machen und wird hier experimentell verwendet. Möglicherweise eignet er sich nicht für die Transposition.

Orginal

Treatise of Human Nature 2.1.11.2

No quality of human nature is more remarkable, both in itself and in its consequences, than that propensity we have to sympathize with others, and to receive by communication their inclinations and sentiments, however different from, or even contrary to our own. This is not only conspicuous in children, who implicitly embrace every opinion propos’d to them; but also in men of the greatest judgment and understanding, who find it very difficult to follow their own reason or inclination, in opposition to that of their friends and daily companions. To this principle we ought to ascribe the great uniformity we may observe in the humours and turn of thinking of those of the same nation; and ’tis much more probable, that this resemblance arises from sympathy, than from any influence of the soil and climate, which, tho’ they continue invariably the same, are not able to preserve the character of a nation the same for a century together. A good-natur’d man finds himself in an instant of the same humour with his company; and even the proudest and most surly take a tincture from their countrymen and acquaintance. A chearful countenance infuses a sensible complacency and serenity into my mind; as an angry or sorrowful one throws a sudden damp upon me. Hatred, resentment, esteem, love, courage, mirth and melancholy; all these paszions I feel more from communication than from my own natural temper and disposition. So remarkable a phaenomenon merits our attention, and must be trac’d up to its first principles.

revisiting Hume: sympathisieren – Sympathie



In den folgenden Artikeln – mit heute beginnend – werde ich einige aufeinander folgende Abschnitte aus dem zweiten Band von Humes dreibaendigem Jugendwerk „Eine Abhandlung ueber die menschliche Natur“ veroeffentlichen. Thema dieser Abschnitte ist das Zentrum des Menschlichen – im traditionellen philosophischen Sprachgebrauch mit Moralitaet bzw. Ethik bezeichnet: Gemaesz Humescher Auffassung von ‚philosophieren‘ – wie ich sie aus seinen Texten entnehme – geht es genauer um die Kreation des Zwischenmenschlichen und wie es vom jeweils eigenen Innermenschlichen ermoeglicht werden kann. Metaphysisch formuliert: Wie werden aus Egoisten Altruisten? Der dazu passende christliche Terminus duerfte „Naechstenliebe“ sein.

Meine deutschen Texte sind Transpositionen der englischen. D.h. ich rekonstruiere Hume-Texte in deutsche, indem ich die englischen in einen von mir ausgewaehlten und charakterisierten Rahmen setze. Die bisher in diesem Blog veröffentlichten Texten entsprechen diesem Rahmen weitestgehend auch schon. Ich verwendete in den Texten über ’sympathisieren‘ entschiedener Termini, die meinem ‚physistisch philosophieren‘  gemaeszer sind. Wie immer bei solchen Anlaessen weise ich darauf hin, dass viele griffige Bezeichnungen von Rolf Reinhold stammen. Ich habe und hatte bisher nicht die Energie sie in vergleichbarer Qualitaet selber zu finden.

Mein Rahmen ist im Wesentlichen gepraegt

  • durch Rolf Reinholds Rahmen ‚Physistik‘,
  • durch die Annahme, dass Hume philosophierend von ‚hinsehen‘ und ‚(neuro) physiologischen Kenntnissen ausging.
  • durch mein ‚physistisch philosophieren‘
  • durch das Kriterium ‚Stimmigkeit‘.
  • durch jede einzelne Entscheidung englische Termini und Syntax in ganz bestimmter Weise entsprechend meines Gebrauchs des Deutschen zu rekonstruieren.

Dies ergibt im Ergebnis ein konsequentes Uebertragen, das triviales Uebersetzen ausschlieszt. Letzteres duerfte m.E. untauglich sein um herauszufinden, ob aeltere philosophische Texte ueberhaupt Anregungen für Loesungen von gegenwaertige Probleme geben können. Aeltere, von einem metapyhysisch geprägten Rahmen ausgehende  Hume-Uebersetzungen – wie z.B. die von Kirchmann – hindern aus meiner Sicht den Leser daran, sich Vorstellungen von der Art und Weise des Humeschen ‚philosophieren‘ machen zu können. Hinweise anderer Uebersetzer oder von Herausgebern, dass eine bestimmte Hume-Uebersetzung ’nahe am Orginal‘ sei und damit ’nah am Humeschen Gedankengut‘ halte ich fuer fragwuerdig.* Dies entspricht aus meiner Sicht lediglich der verbreiteten Gewohnheit inhaltliche Korrektheit zu behaupten, ohne den jeweils eigenen Uebersetzungsrahmen zu reflektieren. Es gibt vereinzelte Hinweise darauf, dass auch ausgewiesene Fachleute meine Sichtweise teilen.

*Wolfgang Sohst – Herausgeber einer Neuauflage der von Theodor Lipps verfassten 100Jahre alten Hume-Uebersetzung der „Abhandlung über die menschliche Natur – folgte in seinem Vorwort der Idee einer moeglichst behutsamen Modernisierung der Lippschen Uebersetzung. D.h. der Lippsche Text wurde an die neuste Rechtschreibung angepasst und einer stilistische Modernisierung unterzogen. Inhaltliche Optimierungen im Sinne eines stimmigeren Bezuges zwischen heute und gestern wurden unterlassen. Grund für diese Zurueckhaltung sei die Qualitaet  der Lippschen Uebersetzung, die eine ‚gewinnbringende Naehe zum Humeschen Gedankengut‘ aufweise. Ich vermisse Erläuterungen von Lipps über seinen Rahmen, innerhalb dessen er übersetzte. Oder ging er davon aus, dass der sich von selber versteht? (Vgl. David Hume: Traktat über die menschliche Natur. Berlin (xenomoi) 2004, S. 1.)
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Revisit Hume

Die Idee dazu ist kaum ein Jahr alt. Es ergab sich mit anderen die Gelegenheit im Netz zu einem Hume-Diskurs. Mir fiel – im Unterschied zu den anderen Beteiligten – die Lektuere der ENQUIRY CONCERNING HUMAN UNDERSTANDING – von mir inzwischen als UNTERSUCHUNG UEBER MENSCHLICHES DENKEN transponiert – leicht und ich konnte Hume’s Darstellungen nachvollziehen und mir konkrete Vorstellungen darueber machen, wovon er jeweils sprach.

Dies war vor vielen Jahren anders gewesen. Meine erste Lektuere Humes war schnell beendet gewesen. Ich konnte mit Hume nichts anfangen: Das soll Philosophie sein? Philosophie war fuer mich damals etwas bei dem Menschen von Introspektion ausgehen, apriorische Schlussfolgerungen ziehen und diese Ergebnisse auf ihr Handeln und Denken anwenden. Auf diese Weise war ich meine eigene Schulmeisterin geworden und disziplinierte mein Leben im Kontext traditionellen Philosophierens. Fuer Neigungen, Affekte – die laut Hume eine zentrale Rolle in der menschlichen Natur spielten – und für Alltägliches und Situatives  war in meinem rationalistischen und dogmatischen Philosophieren kein Raum. So was hat jeder Mensch, darueber philosophiert man nicht.

Was ich damals noch nicht ahnte, im Laufe der Zeit hat sich Metaphysik … in Luft aufgeloest. Fuer mein alltaegliches Handeln und Denken erwies sie sich zunehmend als untauglich. Mein dogmatisch gepraegtes Reflektieren schraenkte mich ein. Fuer mich mussten die Dinge in bestimmter Weise sein, ich musste in bestimmter Weise handeln und denken und das reduzierte mein Entscheiden. Die Sackgassen meines Handelns und Denkens vermehrten sich bedrohlich. Andere dachten und handelten auf ihre Weise.

Mit ‚physistisch philosophieren‘ – das sich Rolf Reinhold forschend selber erarbeitet hat – kam frische Luft in meinen engen Auffassungen und neue Moeglichkeiten zu handeln. Ich lernte dogmatische Sichten in Frage zustellen und sie schließlich fallen zu lassen. Als ich dann vor knapp einem Jahr mit der neuerlichen Lektuere Hume’s begann, kam mir eine aehnlich frische Luft entgegen und sie evozierte moegliche Zusammenhaenge zu ‚physistisch philosophieren‘.

Daraus entstand das Projekt, Hume zu revisitieren. Im Moment arbeite ich daran – sofern ich Energie neben meinem Beruf finde – die ENQUIRY unter meiner neuen Sichtweise physistisch zu transponieren. In diesem Blog veroeffentliche ich Ausschnitte aus meinen Transpositionen und erste Resuemees dieser Arbeit.

Rolf Reinholds Philosophie

Rolf Reinhold ist Philosoph und Berater. Seine Beratungskonzepte sind sehr ungewoehnlich und auch für mich waren und sind sie noch immer wieder gewoehnungsbeduerftig. Menschen juengerer Generationen als die meine duerften dazu leichter Zugang finden können. Die Beratungskonzepte sind hocheffizient, wie ich erlebe. Ich habe mich vor Jahren darauf eingelassen, indem ich meinen ‚impressions‘ folgte, die mir nahe legten, dass seine Konzepte halten könnten, was sie versprachen.

„Jeder Mensch, der lernt, sich ausnahmslos an den eigenen Werten zu orientieren, wird zwar auf neue und andere Arten von Widerstand stoszen, aber seine Lebensqualitaet betraechtlich erhoehen. Unsere Hauptaktivität ist ERMOEGLICHEN: indem wir Ihnen die Wirkung menschlicher Gewohnheiten im Denken, Handeln und Verhalten deutlich machen, koennen Sie frei darüber entscheiden, WIE Sie ‚generell handeln‘ wollen.“ Eingangsseite

“ Ich halte die Orientierung des Handelns an individuellen Werten und Empfindungen für die allerwichtigste und grundlegende  menschliche Qualitaet. … Philosophen, die so wie ich denken, stellen gegensaetzliche Charakteristica plastisch nebeneinander und lassen menschliche Qualitaeten des Handelns erstrebenswert und lebenswert erscheinen. Sie lenken unsere Schritte auf diesem Weg mit gruendlichst erwogenen, lebenspraktischen Hinweisen und anschaulichsten Beispielen. Sie lassen uns den Unterschied zwischen Defiziten und Qualitaeten unseres Handelns merken.“ (Hume: Untersuchung über menschliches Denken I,1. ENQUIRY CONCERNING HUMAN UNDERSTANDIGN I,1)
Hinter diesen Konzepten stehen die Resuemees und Reflexionen von ‚physisitisch philosophieren‘, die die lebenslange Forschungsarbeit Rolf Reinholds hervorgebracht hat.

Empfehlungen für philosophische Zugaenge zu Rolf Reinholds umfangreicher Webseite: