Humes menschliche Dimensionen der Epistemik I


Hume, Descartes und RRRR

Immer wieder kann man bei der Lektuere Humes von ‚Grenzen‘ lesen.
‘Ich habe die Grenzen und die Schwachstellen menschlichen Denkens ausreichend einzuschaetzen gelernt’ ,meinte Hume (vgl. Enquiry concerning Human Understanding, VII, 24.)

‚Ausreichend‘ koennte ein Indiz dafuer sein, dass Grenzen menschlichen Denkens nicht leicht zu akzeptieren sind. Schon ein Blick in die neuzeitliche Geschichte auf Descartes kann belegen, – was auch Hume erwaehnte – dass Philosophen dazu neigen, davon auszugehen, dem menschlichen Denken seien keine Grenzen gesetzt.

Descartes stellte fest – nachdem er erst einmal alles in Zweifel gezogen hatte,

dass mit klaren und eindeutig bestimmbaren Ideen, alles, was von wissenschaftlichem Interesse ist, in den Griff zu bringen sei. Diese Ideen seien durch die Gewissheit des eigenen Geistes und der Vollkommenheit Gottes angemessene Instrumente fuer die Objektivitaet unseres Wissens.

Denn da sich nun ergeben hat, dass selbst Gegenstaende und Ereignisse nicht wirklich von den Sinnen oder von dem Vorstellen, sondern ausschliesslich vom Verstande erkannt werden, und dass diese Erkenntnis nicht auf dem Fuehlen oder Sehen derselben beruht, sondern darauf, dass der Verstand sie auffasst, so erkenne ich klar, dass nichts leichter und sicherer von mir erkannt werden kann als mein Geist.“

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Descartes,+René/Untersuchungen+ueber+die+Grundlagen+der+Philosophie/2.+Ueber+die+Natur+der+menschlichen+Seele,+und+dass+sie+uns+bekannter+ist+als+ihr+Koerper René Descartes‘ philosophische Werke. Abteilung 2, Berlin 1870, S. 39.

Rationale Menschen denken rational.

‚Ratio‘ ist eigentlich das Ergebnis einer Berechnung. Philosophisch haben professionelle Denker diese Rechnerei als ‚Vernunft‘ gekuert. In dem Wort „rationieren“, im Sinne von da wird etwas eingeteilt, weil dieses Etwas eventuell knapp bemessen ist, kommt ein weiterer Aspekt zum Ausdruck. Augustin Thagaste hat diese Rechnerei zur Grundfunktion des Geistes gemacht, die ihn – wie einst Prometheus an die kaukasischen Felsen geschmiedet – zum vernuenftig denken bestimme, wenn er denn nur moechte und hat dies fuer den sichersten Weg zu Gott gehalten. Descartes denkt aehnlich. Er moechte denkend die ganze Welt fassen, und schafft sich einen Gott der ihm gleich ist, nur eben voellig vollkommen. Und damit die relative Vollkommenheit des Denkens in Einklang mit der Vollkommenheit des Denkens Gottes ist, wird die Funktion der Physis als voellig unwichtig abgetan. Mittelalterliche Askese assoziiere ich und die Anekdote, dass Papst Benediktus der Deutsche als junger Professor in Tuebingen zu einer Studentin gesagt haben soll: ‚Ach wissen Sie, wir Kleriker sind ja vom Hals abwaerts empfindungslos.‘

„Da ich nun ein denkendes Ding bin, das eine Vorstellung von Gott hat, so muss auch von meiner Ursache, welche sie auch sei, gelten, dass sie ein denkendes Ding ist, und dass sie eine Vorstellung von allen Vollkommenheiten hat, die ich Gott zuerkenne, und man kann von dieser Ursache wieder fragen, ob sie von sich oder einem Anderen herruehrt. Wenn sie vollkommen ist, so erhellt aus dem Obigen, dass sie Gott selbst ist, denn hat sie die Kraft, durch sich zu | sein, so hat sie unzweifelhaft auch die Kraft, in Wirklichkeit alle Vollkommenheiten zu besitzen, deren Vorstellung sie in sich hat, d.h. alle die, welche ich als in Gott enthalten vorstelle.

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Descartes,+René/Untersuchungen+ueber+die+Grundlagen+der+Philosophie/3.+Ueber+Gott,+und+dass+er+ist
Rene Descartes: Philosophische Untersuchungen I 03. Ueber Gott, und dass er istRené Descartes‘ philosophische Werke. Abteilung 2, Berlin 1870, S. 66|7.

So rechnete Descartes sich Gott aus:

Ich bin ein denkend Ding – also ist Gott ein denkend Ding.
Ich kann mir Gott nur vollkommen denken – also ist Gott vollkommen und zwar so vollkommen, vollkommener geht es gar nicht, ergo gibt es nach Gott nichts mehr! Alles, was ich mir denke, ist auch in Gott enthalten.

Eine Milchmaedchenrechnung ist das in meinen Augen. Sie verraet allzu leicht die Absicht ihres Urhebers und bei mir verstimmt sich da was, so als haette ein kalter Luftzug meinen Nacken beruehrt, sodass ich mich spontan umdrehe, um zu sehen was da sein koennte.

Pluralog

Doch der Schrecken kommt aus meinen Eingeweiden, die erschrecken darueber, dass nur noch der Kopf und sie nichts mehr mit meinem Leben zu tun haben koennten. Das geht doch gar nicht!, schreien einige 1000 Neuronen laut. Ohne Input kein Output, das weiss doch jeder spaetestens seit dieser inputversessene Roboter einen amerikanischen Pass bekommen hat.

Wie kommt es, dass Menschen nicht merken, was sie sich antun, wenn sie selbst glauben, sie seien ein „denkend Ding“.
Da ist nur Kant dran schuld, der hat doch die Vernunft zum Primaten gemachte, ruepelt meine Leber und laeuft gruen an.
Aber das kann doch fuer Descartes nicht zutreffen, der hat doch 300 Jahre frueher philosophiert, gibt mein vorderer Stirnlappen zu bedenken.
Dann eben die Kirche, meint mein rechtes Ohr.
Auch in der Kirche sind doch Menschen, faellt meinem linken Knie ein.
Mein Bauch sagt: Denkt doch an die RRRR-Erklaerung.
Das hast Dir doch gerade ausgedacht, piepst meine Zirbeldruese.
RRRR – rollt meine Nase vor sich hin. Ich glaube, ich kann’s schon riechen.
Die RolfReinholdRichardRorty Erklaerung.
Die beiden Typen kenn ich, schmatzt die Zunge.

Keinen Hut auf, aber davon reden

Nun komme ich und sage: Seid mal alle still, so kann ich doch nicht denken. Protestgeschrei wird laut: Wir denken doch alle mit. Ja, das mag schon sein, aber ihr seid zu laut. Wie soll ich da alles unter einen Hut kriegen. Die Haare wispern: Die hat gar keinen Hut auf. Alles Metaphorik, raunen meine Stimmbaender, die wir inszenieren.

RRRR

Also, was ist das nun mit der RRRR-Erklaerung? fragen die Fuesse, wir muessen das alles wieder ausbaden.
Die RRRR-Erklaerung ist ganz einfach: Alles, was Menschen tun, ist kontingent.
Oder wie Rolf Reinhold sagt: Niemand macht freiwillig Fehler.
Das kann man wenigstens kapieren, schnurrt meine Bauchspeicheldruese.
Ich mache auch immer nur das, was gerade dran ist. Und wenn die anderen nicht richtig funktionieren, bin ich auch dysfunktional.

Man koennte auch sagen, melde ich mich wieder, Menschen sehen ihre Grenzen nicht, weil sie Grenzen haben. Das sind aber zwei Arten von Grenzen. Die letzteren sind die kontingenten, die dadurch entstehen, dass jeder alles so machen moechte, wie die anderen es machen. Weil Menschen es moegen, wenn andere sie akzeptieren. Und die anderen sind Grenzen, die man entdeckt, wenn man die Dinge so macht, wie man sie selbst machen moechte.

Dass Du Grenzen hast, siehst Du? fragen die Amygdalaes.
Ich glaub schon.

Revisit Hume

Die Idee dazu ist kaum ein Jahr alt. Es ergab sich mit anderen die Gelegenheit im Netz zu einem Hume-Diskurs. Mir fiel – im Unterschied zu den anderen Beteiligten – die Lektuere der ENQUIRY CONCERNING HUMAN UNDERSTANDING – von mir inzwischen als UNTERSUCHUNG UEBER MENSCHLICHES DENKEN transponiert – leicht und ich konnte Hume’s Darstellungen nachvollziehen und mir konkrete Vorstellungen darueber machen, wovon er jeweils sprach.

Dies war vor vielen Jahren anders gewesen. Meine erste Lektuere Humes war schnell beendet gewesen. Ich konnte mit Hume nichts anfangen: Das soll Philosophie sein? Philosophie war fuer mich damals etwas bei dem Menschen von Introspektion ausgehen, apriorische Schlussfolgerungen ziehen und diese Ergebnisse auf ihr Handeln und Denken anwenden. Auf diese Weise war ich meine eigene Schulmeisterin geworden und disziplinierte mein Leben im Kontext traditionellen Philosophierens. Fuer Neigungen, Affekte – die laut Hume eine zentrale Rolle in der menschlichen Natur spielten – und für Alltägliches und Situatives  war in meinem rationalistischen und dogmatischen Philosophieren kein Raum. So was hat jeder Mensch, darueber philosophiert man nicht.

Was ich damals noch nicht ahnte, im Laufe der Zeit hat sich Metaphysik … in Luft aufgeloest. Fuer mein alltaegliches Handeln und Denken erwies sie sich zunehmend als untauglich. Mein dogmatisch gepraegtes Reflektieren schraenkte mich ein. Fuer mich mussten die Dinge in bestimmter Weise sein, ich musste in bestimmter Weise handeln und denken und das reduzierte mein Entscheiden. Die Sackgassen meines Handelns und Denkens vermehrten sich bedrohlich. Andere dachten und handelten auf ihre Weise.

Mit ‚physistisch philosophieren‘ – das sich Rolf Reinhold forschend selber erarbeitet hat – kam frische Luft in meinen engen Auffassungen und neue Moeglichkeiten zu handeln. Ich lernte dogmatische Sichten in Frage zustellen und sie schließlich fallen zu lassen. Als ich dann vor knapp einem Jahr mit der neuerlichen Lektuere Hume’s begann, kam mir eine aehnlich frische Luft entgegen und sie evozierte moegliche Zusammenhaenge zu ‚physistisch philosophieren‘.

Daraus entstand das Projekt, Hume zu revisitieren. Im Moment arbeite ich daran – sofern ich Energie neben meinem Beruf finde – die ENQUIRY unter meiner neuen Sichtweise physistisch zu transponieren. In diesem Blog veroeffentliche ich Ausschnitte aus meinen Transpositionen und erste Resuemees dieser Arbeit.

Rolf Reinholds Philosophie

Rolf Reinhold ist Philosoph und Berater. Seine Beratungskonzepte sind sehr ungewoehnlich und auch für mich waren und sind sie noch immer wieder gewoehnungsbeduerftig. Menschen juengerer Generationen als die meine duerften dazu leichter Zugang finden können. Die Beratungskonzepte sind hocheffizient, wie ich erlebe. Ich habe mich vor Jahren darauf eingelassen, indem ich meinen ‚impressions‘ folgte, die mir nahe legten, dass seine Konzepte halten könnten, was sie versprachen.

„Jeder Mensch, der lernt, sich ausnahmslos an den eigenen Werten zu orientieren, wird zwar auf neue und andere Arten von Widerstand stoszen, aber seine Lebensqualitaet betraechtlich erhoehen. Unsere Hauptaktivität ist ERMOEGLICHEN: indem wir Ihnen die Wirkung menschlicher Gewohnheiten im Denken, Handeln und Verhalten deutlich machen, koennen Sie frei darüber entscheiden, WIE Sie ‚generell handeln‘ wollen.“ Eingangsseite

“ Ich halte die Orientierung des Handelns an individuellen Werten und Empfindungen für die allerwichtigste und grundlegende  menschliche Qualitaet. … Philosophen, die so wie ich denken, stellen gegensaetzliche Charakteristica plastisch nebeneinander und lassen menschliche Qualitaeten des Handelns erstrebenswert und lebenswert erscheinen. Sie lenken unsere Schritte auf diesem Weg mit gruendlichst erwogenen, lebenspraktischen Hinweisen und anschaulichsten Beispielen. Sie lassen uns den Unterschied zwischen Defiziten und Qualitaeten unseres Handelns merken.“ (Hume: Untersuchung über menschliches Denken I,1. ENQUIRY CONCERNING HUMAN UNDERSTANDIGN I,1)
Hinter diesen Konzepten stehen die Resuemees und Reflexionen von ‚physisitisch philosophieren‘, die die lebenslange Forschungsarbeit Rolf Reinholds hervorgebracht hat.

Empfehlungen für philosophische Zugaenge zu Rolf Reinholds umfangreicher Webseite:

Aufklärung

 

 

Sachgemäßer Gebrauch menschlicher Physis

Es entspricht einem von Vertretern unterschiedlichster Wissenschaften komponierten Bild unserer europäischen Geschichte, bestimmte Jahrhunderte als aufgeklärt zu bezeichnen und andere nicht. Von Kant stammte für die deutsche Sicht auf die Zeit der Aufklärung die bekannte Aufforderung an seine zeitgenössischen Wissenschaftskollegen: „Habe Mut Dich Deines Verstandes zu bedienen!“ Im Kontext erläuterte er dazu: Der Mensch solle sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien. Selbstverschuldet sei diese dann, wenn Menschen nicht den Mut fänden, ohne Leitung durch fremde Autoritäten eigenständig zu denken (Vgl. Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Erstdruck in: Berlinische Monatsschrift, Dezember 1784, S. 481-494. In der elektronischen Edition des Bonner Kant Korpus unter http://www.korpora.org/Kant/aa08/035.html) Möglicherweise dachte er dabei daran, welchen Mut er aufbringen musste, um in Anwesenheit von preußischen Sicherheitsbeamten öffentlich seine Sichten über Gott und die Welt vorzutragen, die gemäß oberster Anordnung darauf zu achten hatten, dass niemand in Preußen christliche Auffassungen in Frage stellte.

Eventuell aber hatte er dabei noch mehr im Blick, wie entmutigend auf ihn die erzwungene Übernahme fremden Denkens und Handelns als Kind, Schüler und Student gewirkt hatte und wie schwer es ihm schließlich gefallen war, eigene Wege zu finden. „Es ist … für jeden einzelnen Menschen schwer, sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat  sie sogar lieb gewonnen und ist vor der Hand wirklich unfähig, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, weil man ihn niemals den Versuch davon  machen ließ. Satzungen und Formeln, diese mechanischen Werkzeuge eines vernünftigen Gebrauchs oder vielmehr Mißbrauchs seiner Naturgaben, sind die Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit. Wer sie auch abwürfe, würde dennoch auch über den schmalsten Graben einen nur unsicheren Sprung thun, weil er zu dergleichen freier Bewegung nicht gewöhnt ist. Daher giebt es nur Wenige, denen es gelungen ist, durch eigene Bearbeitung ihres Geistes sich aus der Unmündigkeit heraus zu wickeln und dennoch einen sicheren Gang zu thun. “ (http://www.korpora.org/Kant/aa08/036.html)

 

 

Dialog

Schlussfolgerungen aus meiner diskontinuierlichen und schwierigen Entwicklung zu einem ‚mutigen‘ Selberdenken lassen mich vermuten, dass die konkreten Veränderungen in den mit ‚Aufklärung‘ bezeichneten Jahrhunderten Vorläufer gehabt haben dürften, die weit davor zu finden sein könnten.

Es stellt sich außerdem die Frage, im Hinblick worauf ein Mensch den eigenständigen Gebrauch seines Verstandes ausübt und optimiert, wenn er eigene Wege gehen möchte und welches der Rahmen dafür sein könnte, wenn Eigenes gefunden und gedacht werden möchte.

Erste Hinweise zu einer Antwort, hatte ich schon als junges Mädchen beim platonischen Sokrates gefunden. Zum einen faszinierten mich die Dialoge. Seine Fragen stellten andere vor Fragen, die diese sich ohne ihn möglicherweise nicht gestellt haben dürften. Zum zweiten faszinierte mich, dass er konsequent seinen eigenen Entscheidungen und Werten folgte, auch wenn sie ihm Nachteile einbrachten. Und drittens gefiel mir, dass er nicht vorgab, über etwas Bescheid zu wissen, was er nicht kannte.

Dialog, eigenes Entscheiden und Orientieren an eigenen Kenntnissen waren dann die Aktivitäten und Ideale, denen ich in den Jahrzehnten bis heute folge. Es hat mich viel Zeit und Energie gekostet, herauszufinden, was an ‚metaphysischen Erkenntnissen‘ dran sei, die ich im Anschluss an meine Faszination für den platonischen Sokrates, bei Platon und Augustinus, bei Descartes, Pascal und Kant interessiert erkundete. Dies geschah über viele Jahre gemeinsam im Dialog über die metaphysischen und erkenntnistheoretischen Forschungen meines ersten Philosophieprofessors, im Laufe dessen sich eine freundschaftliche Verbindung entwickelte. Eigenständige Forschungen auf diesem Gebiet – zu denen er mich herausforderte – haben mich schlussfolgern lassen, dass an Kenntnissen auf dem Gebiet der Metaphysik und der Erkenntnistheorie im Hinblick auf Vernunft, Geist, Wahrheit, Seele … für mich nichts zu finden war. Letzteres wurde mir erst nach und nach klar, indem andere mich fragten und ich mich in Gesprächen in Frage stellen ließ. Rolf Reinhold schoss in dieser Hinsicht den Vogel ab, indem er für mich überzeugend meinte: „Ich weiß nicht, was Geist ist!“ Meine Behauptung, ich könne ihm das erklären, ließ sich falsifizieren.

So entwickelte sich ein weiterer wichtiger Dialog in meinem Leben, der mit einem Experiment für mich begann. Dieses Experiment möchte ich heute als „Aufklärung“ bezeichnen. Es ermöglichte mir und ermöglicht es noch eigenen Entscheidungen und Werten zu folgen und mich an meinen eigenen Kenntnissen zu orientieren.

 

Orientierung an Kenntnissen

David Hume’s Kenntnisse über Grundlagen und Funktionsweisen menschlichen Denkens und Handelns – kurz zusammengefasst seine Kenntnisse über die menschliche Natur – die ich hier ausschnittweise veröffentliche, sind in den letzten Monaten zu einem weiteren faszinierenden Gegenstand geworden, bei deren Erforschung ich mir weitere Anregung für mein Selberdenken und Entscheiden erhoffe. Als ich noch damit beschäftigt war, ‚metaphysische Erkenntnisse‘ zum Bezugsrahmen meines eigenen Denkens zu machen, konnte ich mit Hume wenig anfangen. Ein Schicksal das auch heute noch viele Hume-Interpretatoren auf ihre je eigene Weise erleiden.

Im Unterschied zu früher verzichte ich auf ‚Erkenntnisse‘ und beziehe mich auf Kenntnisse. ‚Kenntnisse‘ waren auch für die bekanntesten schottischen Aufklärer Locke und Hume Ausgangspunkt für ihren Wunsch, philosophie-wissenschaftliche Verbesserungen zu erreichen, die dem einzelnen und der Gesellschaft Anleitungen zu einem lebenswerten Leben liefern könnten. Sie taten dies im Gespräch untereinander mit Naturwissenschaftlern, insbesondere Medizinern.

Die Ideen zu neuen Konzepten über die menschliche Natur waren schon seit längerem im Umlauf. Allerdings wurde der Zugriff auf sie erschwert, weil die ‚Natur des Menschen‘ durch die christlich-theologische Philosophie mit konträren metaphysischen Denkfiguren und intelligiblen Erkenntnissen gläubig erklärt war. Diese Erklärungen wurden als Wissen gehandelt, von Laien gläubig übernommen und umgesetzt.  Diese Tradition konnte man kritisieren, aber man konnte sie nicht einfach aushebeln. Jeder dieser Aufklärer brauchte angesichts dieser starken Übermacht Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen und eigene Sichten auf anderer Grundlage zu publizieren.