Vorstellungen über Vorstellungen …

Über unsere Natur

 

Eines der größten Geheimnisse der Philosophie: Wie unterscheiden wir Tatsachen von Fiktionen? Wir empfinden den Unterschied und wir können ihn auch erinnern und darüber nachdenken. (Hume Treat. 1.3.7.7)

Dass unser  Denken uns selber verwirrend erscheint (Treat. 1.2.3.2), könnte daran liegen, dass wir nichts als Eindrücke und Vorstellungen haben. (Treat. 1.2.6.7) Sie werden durch unsere kreative Fähigkeit hergestellt … (Treat. 1.3.5.2)

Eindrücke und Vorstellungen sind inaktiv …(Treat. 1.3.4.2) Sie erscheinen ununterbrochen in unserem Gehirn . Wir können weder ihre Gestalt noch ihre Teile präziseren. (Treat. 1.2.5.29) Doch wir reden mit anderen über unsere Eindrücke und Vorstellungen, und verwechseln sie dabei leicht – das dürfte auch beim Nachdenken passieren.  (Treat. 1.2.5.19) 

Im Vordergrund steht, dass wir etwas mitteilen möchten … (Treat. 1.2.5.21) Fiktionales können wir nur als Fiktion mitteilen. Unser Denken wird in hohem Maße davon bestimmt, wie wir das,  was wir denken, erleben bzw. empfinden. (Treat. 1.3.8.2) Phantasien sind weniger lebhaft und nachhaltig. 

Es ist sehr schwierig, Denkprozesse ganz zutreffend und genau zu beschreiben. Unsere Alltagssprache ermöglicht kaum auf den Punkt gebrachte Unterschiede zwischen ihnen. (Treat. 1.3.8.15)

Die Physiologen kommen zu dem Schluss:  Auf keinen Fall kann das Gehirn mehr bieten, als das,  was ihm die Sinne vermitteln …(Treat. 1.3.2.2) Meine Fiktionen gehören ins Märchenland. 

Wirkliche Philosophie …

… bzw. ‚wahre‘ Philosophie zu treiben, war schon als Jugendlicher Hume’s Wunsch gewesen. Ich war „von fruehester Kindheit an, immer fasziniert … von Buechern und Wissenschaften.“, schrieb der 23jaehrige in einem Brief 1734. „Buecher ueber das Denken und die Philosophie, Dichtung und Literatur faszinierten mich [seit ich ungefaehr 15 Jahre alt war] gleichermaszen.“

Fuer Religion interessierte er sich im Hinblick auf die weit verbreitete Behauptung, es gaebe so etwas wie eine angeborene Disposition, dass ein hoeheres Wesen existiere. Dieser Behauptung widersprach er mit seinen philosophischen Forschungen entschieden. Lehren und Zeremonien der Kirchen beeinflussten das menschliche Empfinden fortlaufend – so Hume – und hielten so den religioesen Glauben lebendig. (Vgl. z. B. T. 1.3.8.4)

Doch auch in den Wissenschaften ist das glaeubige Vertrauen in Autoritaeten und die Wissensvermittlung vorherrschend. „Jemand, der mit Philosophie und Aesthetik vertraut ist, weiss, dass diese beiden Wissenschaften bisher nichts weiter erreicht haben, als endlose Dispute zu fuehren, auch wenn es um grundlegendste Themen geht. Waehrend ich die Lektueren eingehend pruefte, fuehlte ich einen unueberwindbaren heftigen Widerstand in mir wachsen, weiterhin irgendwelchen Autoritaeten auf diesem Gebiet zu folgen. Ich hielt Ausschau nach neuen Mitteln, mit dem ich zutreffende Ergebnisse wuerde finden koennen. Nach vielen Studien und Gedanken darueber schienen sich mir neue Sichten zu oeffnen – Ich war ungefaehr 18 Jahre alt -, die mich ueber alle ueblichen Standards hinausfuehrten.“ (Brief an einen Arzt: Burton: Life and correspondence of David Hume .)

Hume erlebte bald, dass seine „wirkliche Philosophie“ ihm anstelle des von ihm gewuenschten regen Gedankenaustausches nichts als Ablehnung einbrachte. „Ich habe mir die Feindschaft aller Metaphysiker, Logiker, Mathematiker und sogar der Theologen zugezogen. Ich habe sie angegriffen und in ihrer Ehre gekraenkt. Darf ich mich da wundern, dass ich leiden muss? Ich habe ihre Denkgebaeude in Frage gestellt: Wieso bin ich eigentlich ueberrascht, dass sie fuer mich und meine Person nichts als Ablehnung uebrig haben? „ (Treatise 1.4.7.2)

Was hatte ihn zu einem verfemten Auszenseiter gemacht? Es handelte sich um skeptische Sichten, die er fuer unerlaesslich hielt und die Weigerung, Autoritaeten zu folgen, die aus seiner Sicht fuer den unproduktiven Skeptizimus sorgten, den kirchliche Autoritaeten Philosophen wie ihm unterstellten. ‚Dabei tue ich nichts anderes, als die Dinge genau so zu betrachten, wie sie sich mir zeigen.‘ (Vgl. Treatise 1.4.7.3) Dieses protagoraeische Philosophieren, das durch christliche und metaphysische Sichten, von Theologen und Philosophen durch die Jahrhunderte als anthropologisch gefaehrlich verteufelt worden war, war der Anlass fuer den Misserfolg seiner fruehen Veroeffentlichungen und fuer die allgemeine Ablehnung seiner neuen Sichten.

Die Dinge so zu betrachten, wie sie sich zeigen, hiesz fuer Hume, so zu philosophieren, wie es dem Menschen entsprechend der Funktionsweise seines Gehirns und anderer Organe und dem daraus folgenden Tun moeglich ist. Er ging davon aus, dass alles, was Menschen kennen und ueber das sie mit einer wahrscheinlichen Gewissheit reden koennen, aus koerperlichen Ereignissen, vor allem aus Ereignissen in unseren Sinnesorganen herruehrt. Damit folgte er dem Kenntnisstand von Physiologen und Anatomen seiner Zeit. Davon ging auch sein Zeitgenosse Condillac aus.

Alle Aussagen, die sich nicht auf koerperliche Ereignisse, also ’sensations‘ zurueckfuehren lassen, sind nicht ‚wirklich‘ philosophisch. Im Menschen tauchen diese ’sensations‘ als ‚perceptions‘ auf. Letztere sind individuelle Vorstellungen und Empfindungen – die jeder, bei sich selber beobachten kann – von denen ausgehend, Menschen zu Kenntnissen kommen.

Es ist hier nahe liegend an Berkeley zu denken. Dessen Philosophieren hat fuer Hume in der Tat anregend gewirkt. Hume zitiert ihn wiederholt im ersten Band seines Treatise. Das gilt auch fuer Professoren an der Edinburger Universitaet, von denen sich einige regelmaeszig in der ersten Wissenschaftsgesellschaft Schottlands trafen und dort neue philosophische Sichten diskutierten. Hume war ebenfalls Teilnehmer in dieser Runde, die sich nach dem Gasthaus in dem sie tagten, RANKANIAN CLUB nannte. Ueber diesen Club soll Berkeley gesagt haben: „Niemand auszer diesen jungen Leuten in Nordbritannien, hat meine Art des Philosophierens besser verstanden.“ (vgl. William Christian Lehmann: Henry Home, Lord Kames, and the Scottish enlightenment. Berlin 1971, S.52. Google-Buch)

Der Mainstream von Hume’s philosophierenden Zeitgenossen ging davon aus, dass Philosophieren sich im Geist des Menschen abspielt, an dem ’sensations‘ nur marginal beteiligt sind. ‚perceptions‘, also Perzeptionen, bzw. Apperzeptionen wie Leibniz differenzierte, hatten eine geistigen Natur bzw. waren Produkte aus geistigen Aktivitaeten, und wurden moeglicherweise angeregt durch ’sensations‘. Hume liesz sich nicht darueber aus, ob die ‚perceptions‘ geistiger Natur sind: ihm genuegte es festzustellen, dass sie auftauchen und dass sie als Basis fuer Denken und Handeln fungieren. „Es genuegt mir, wenn ich anlaesslich von eigenen Beobachtungen sagen kann, wie meine Sinne affiziert werden und wie die ‚perceptions‘ miteinander verbunden werden. Das reicht aus, um ein (lebenswertes) Leben zu leben und das reicht auch fuer meine Philosophie. Ich moechte die ‚perceptions‘ lediglich beschreiben und – so weit wie möglich – ihre Ursachen erforschen.“ (T. 1.2.5.26)

Irrtuemer 1


Humes Philosophie als Ergebnis von ‚philosophieren‘ in eigener Sache

Die geringe Resonanz auf die aus meiner Sicht „sensationellen“ Texte Humes beschaeftigt mich. Wie kommt es, dass Humes Beschreibungen des Menschlichen, seine Aussagen ueber Kommunikation (’sympathizing‘), ja insgesamt Humes grundsaetzlich eigenstaendige neue Sichten, die anderen eigenstaendiges Philosophieren ermoeglichen koennen, so wenig Aufmerksamkeit finden? In den nachfolgenden Artikeln moechte ich veroeffentlichen, was ich dazu herausgefunden habe.

Der Personenkreis,  an den ich als moegliche Interessenten fuer Humes Philosophie denke, sind Menschen die ‚philosophieren‘ fasziniert. Mit ‚philosophieren‘ meine ich im Allgemeinen, ueber alles, was ich merke nachzudenken. Dieses ’nachdenken‘ bezieht sich auf Material, das das Leben zur Verfuegung stellt, besteht also aus Ereignissen und entsprechenden Erlebnissen, die mehr oder weniger angenehm waren. Aus diesen ziehen Menschen Schlussfolgerungen für ‚handeln‘ in der Gegenwart – d.h. sie lernen -, was üblicherweise mit dem Wort „Erfahrung“ bezeichnet wird. Menschen, die ‚philosophieren‘ fasziniert, interessieren sich in diesem Zusammenhang auch fuer das, was amtlich bestellte oder bekannte Philosophen zu sagen haben. Denn diese bestimmen mit ihren Auffassungen den oeffentlichen Diskurs.

Meine Beduerfnisse, denen ich mit meinem ‚philosophieren‘ zu entsprechen suche, beziehen sich auf mein ‚handeln‘ fuer mich und fuer andere. Es geht mir darum, eigene Orientierungen bzw. Kriterien fuer menschliches ‚handeln‘ zu entdecken, mit denen ich mein ‚handeln‘ verbessern kann.  Eine Reihe weiterer Merkmale meines  physistisch geprägten ‚philosophieren‘ findet sich unter Rolf Reinhold’s PHYSISTIK. Ich verdanke es dem Philosophen Rolf Reinhold, dass ich „das Rad nicht neu erfinden musste“, sondern die von ihm fuer sein Leben gefundenen Muster menschlichen Handelns als erste Orientierungen und Auffinden meiner Kriterien verwenden konnte. Da ich davor bereits bei toten und lebenden Metaphysikern (u.a.  Platon und Augstin von Thagaste) in die Schule gegangen war, ist es fuer mich auszerdem wichtig zu klaeren, weshalb die Metaphysik fuer mich keine Orientierungen und Kriterien zu Verfuegung stellte. Dies steht alles im Kontext meines Interesses am Humeschem ‚philosophieren‘.

Humeforscher gehen von einem ganz anderen Ansatz des ‚philosophieren‘ aus als ich und kommen so zu anderen Humeinterpretationen. So schreibt z.B. Lambert Wiesing in seinem Kommentar zu Humes UNTERSUCHUNG UEBER DEN MENSCHLICHEN VERSTAND, es sei unter Philosophen unstrittig, „dass philosophische Forschung keine empirischen Beweise erbringt, sondern durch kategoriale und begriffliche Argumentation vollzogen wird“ (David Hume: Untersuchung ueber den menschlichen Verstand. Übers. Raoul Richter. Kommentar v. Lambert Wiesing. Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2007, S. 254). Weil Hume nach Wiesings Meinung ‚Empirie‘ als Beweise fuer seine philosophischen Forschungsergebnisse benutze – Humes Differenzierungen in diesem Punkt könnte er überlesen haben (vgl. u.a. David Hume: Untersuchung ueber den menschlichen Verstand V,2) -, erklaert er das Humesche ‚philosophieren‘ fuer gescheitert. Wiesing meint, das Scheitern mache den „klassischen Wert“ Humes fuer die Philosophie aus. Hume habe aber eigentlich blosz „psychologische Betrachtungen“ angestellt (ebd.). Auch dies scheint unter deutschen Humeforschern unstrittig zu sein.

Lambert Wiesings Auffassung über Philosophieren duerfte unter universitaer ausgebildeten Philosophen und Humeforschern unstrittig sein, aber nicht unter philosophierenden Menschen, die ‚philosophieren‘ als koerperumfassende Aktivität ihres eigenen Lebens fasziniert. Diese ‚physistisch gepraegten‘ Philosophen folgen stets ihren eigenen Wegen zu ‚philosophieren‘, weil sie davon ausgehen, dass nur eigene Wege sie weiterbringen. Sie moechten ’sagen, was sie sehen und denken, was sie denken‘. Nichts was andere meinen, bleibt ungeprueft, auch Eigenes nicht.

Der Behauptung Wiesings, dass Empirie (Erfahrung) keine Beweise bringt, stimme ich mit Hume gern zu: Beweise sind nur innerhalb von in sich geschlossenen Systemen moeglich, wie sie z.B. die Mathematik produziert (vgl. Untersuchung ueber den menschlichen Verstand V,1.) Ereignisse, Situationen menschlichen Lebens aber, insbesondere ‚Menschen‘, sowie ‚handeln‘ und ‚denken‘ bezeichnen keine in sich geschlossenen Systeme. Von ihnen nimmt Hume an, dass sie philosophische Forschungsergebnisse liefern, die ausschließlich ‚probabilistischen‘ Charakter haben (vgl. z.B. Untersuchung ueber den menschlichen Verstand IV Abhandlung ueber die menschliche Natur 1.4.5. 30|35.) Die Begrenztheit probalistischer Aussagen akzeptiert Hume, weil sie  in der Natur der Sache liegen. Diese Sachen sind ‚impressions‘ und ’sensations‘, stets ‚peripherieoffen‘ und so veraenderbar. Menschen werden kontinuierlich durch koerperliche Eindrücke und Empfindungen pertubiert. Diese werden an der koerperlichen Peripherie oder durch entsprechende innere Organlagen ausgeloest und bilden die Basis unserer Entscheidungen. 

Solange dieses natuerliche Lernprinzip ausgeschlossen wird, ist fuer mich jede ‚kategoriale und begriffliche‘ Festlegung unbrauchbar, weil sie so tut, als sei sie vom Himmel gefallen. Wiesing laesst diesem Verstaendnis folgend die menschliche Physis auszen vor. Derartiges ‚wegsehen‘ ist m. E. nicht unter ‚psychologischen Betrachtungen‘ zu verbuchen. Dies entstammt einer nach wie vor lebendigen philosophischen Tradition Deutschlands, in der mehr oder weniger offensichtlich uralte Kategorien und Begriffe verwendet werden, die Autoritaetsabhaengigkeit signalisieren.

Kant hielt die menschliche Natur fuer philosophisch unerheblich, weil er die uneingeschraenkte Steuerbarkeit der menschlichen Physis durch Verstand und Vernunft als a priori gegeben ansah (vgl. Johann Kraus: Recension von Ulrich’s Eleutheriologie). Hume aber machte von der menschlichen Physis als Ausgangpunkt fuer seine Abhandlung ueber die menschliche Natur positiven Gebrauch. Anstatt wie Kant von Theorien des ‚denken‘  ging er von physiologischen Forschungserebnissen seiner Zeit und vor allem von seinem eigenen Beobachten menschlichen Verhaltens aus,  sein eigenes einschließlich. Die Tradition der „Kategorien und Begriffe“ duerfte also hinsichtlich Hume keine zutreffenden Kriterien der Interpretation zur Verfuegung stellen koennen, weil Hume ihr nicht folgte. Bereits als junger Mann hat Hume jede Unterordnung seines ‚philosophieren‘ unter alte Theorien abgelehnt. „Ich habe herausgefunden, dass die Philosophie ueber menschliches Handeln seit der Antike mit derselben Unzulaenglichkeit arbeitet wie die Naturwissenschaften. Beide gehen m. E. ausschlieszlich von Hypothesen und Spekulationen aus, anstatt sich auf Erfahrbares und Erforschbares zu beziehen…Man muss nicht viel mehr tun, um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, als alle diese alten Theorien zugunsten der eigenen Sichten oder der anderer wegzuwerfen. Es duerfte letztlich von den Sichten anderer abhaengen, ob meine Schlussfolgerungen fuer zutreffend gehalten werden oder nicht. Innerhalb der letzten drei Jahre habe ich meine Schlussfolgerungen in einem Ausmasz vervielfacht, so dass ich damit viele Stapel Papier mit Notizen fuellen konnte, die ausschlieszlich das enthalten, wie ich die Dinge sehe.“ (David Hume: Brief an einen Arzt. Edinburgh 1734. Abgedruckt in John Hill Burton: Life and Correspondance of David Hume. Edinburgh 1846. Band I. S. 30 – 39.)

Resuemee: sympathy = sympathizing




’sympathizing‘ als Grundprinzip interindividueller Kontakte

Menschen teilen im Kontakt das miteinander, was sie sensorieren, schrieb Hume einleitend. Dieses Verhalten bezeichnete er als ’sympathizing‘. Etwas von ’sympathize‘ duerfte noch im gegenwaertigen Wortgebrauch von ‚Sympathisanten‘ bzw. ‚mit anderen sympathisieren‘ anklingen, wenn auch mit der Mitbedeutung ‚parteiisch‘. Hume scheint damit aber – unabhaengig von Zustimmung oder Ablehnung – ein Grundprinzip menschlichen Kontaktverhaltens zu bezeichnen. ’sympathize‘ zeige sich darin, dass Menschen Einstellungen und Empfindungen anderer erst einmal offen und positiv aufnehmen, auch wenn sie von den eigenen abweichen. Besonders deutlich ließe sich dies an Kindern beobachten, meinte Hume. Menschen neigten außerdem dazu, ihre Einstellungen und Empfindungen mit anderen Menschen abzustimmen. Dies koennte die Ursache dafuer sein, dass Menschen einer Nation ein uniformes Verhalten auspraegen. In einem Brief an einen Freund lassen sich einige Gedanken des 23jaehrigen Hume ueber den Unterschied zwischen Franzosen und Englaendern nachlesen, die dies illustrieren koennen (siehe ‚Politeness‘). Menschen erleben ferner im Kontakt mit anderen eine groeßere Empfindungsvielfalt als wenn sie alleine sind und werden im Kontakt mit anderen von deren Empfindungen angesteckt.

’sympathizing‘ heißt: Anzeichen von Empfindungen anderer rufen eigene Empfindungen hervor

Wie ist derartiges moeglich? fragte sich Hume, der sich davon nuetzliche Antworten fuer seine anthropologischen Forschungen versprach. Er fand eine Antwort, die viele von uns ueberraschen duerfte. Er meinte, dass jeder Einzelne anlaesslich der Wirkungen, die Empfindungen in Gesten, Mimik und Sprache hervorrufen – also die Anzeichen dieser Empfindungen -, im Kontakt mit anderen sensoriert. Dieses ’sensorieren‘ rufe blasse Vorstellungen beim Einzelnen hervor, anlaesslich derer Menschen Vermutungen darueber entwickeln, wie der andere im Moment empfindet. Die Staerke dieser Vorstellungen nehme derart zu, so dass wir schließlich den Eindruck haben, dasselbe zu empfinden wie unser Gegenueber. ‚Zeichen anderer bewirken, dass wir uns an Eigenes erinnern.‘ erlaeuterte Augustin Thagaste in seinem Dialog „ueber den Lehrer“.

sympathy‘ unterscheidet sich von Empathie

Heutzutage – und es spricht einiges dafuer, dass dies auch schon zu Humes Zeiten so gewesen sein koennte – ist allgemein die Vorstellung vorherrschend, wir koennten uns in andere einfuehlen, i.S. von ‚hineinversetzen‘. Es gibt dafuer die Bezeichnung ‚Empathie‘. Empathie wird oft sogar als Faehigkeit aufgefasst, die die einen haben und die anderen nicht, bzw. graduell unterschiedlich sei. Hume scheint dagegen festzustellen: Es sind nichts weiter als unsere eigenen Empfindungen, die wir ’sympathizing‘ sensorieren. Er schloss dies daraus, dass die Vorstellung von uns selber nur das umfasse, was zu uns selber gehoert. Das was zu einem anderen Menschen gehoere, liege jenseits dieser Vorstellung. Anlaesslich dieser Sachverhalte duerfe man annehmen, dass es fuer Menschen unmoeglich sei,  Empfindungen anderer zu empfinden. ‚Der Mensch begegnet ueberall nur sich selber.‘, aeußerte der Physiker Werner Heisenberg. ‚Fuer mich sind die Dinge so, wie ich sie empfinde und fuer dich so, wie du sie empfindest.‘ koennte Protagoras in abgewandelter Form des zweiten Teiles seines beruehmten ‚homo-mensura-Satzes‘ gesagt haben.

Rahmenbedingungen von ’sympathy‘

Dieses ’sympathizing‘ werde dadurch beguenstigt, dass Menschen physiologisch aehnlich funktionieren duerften. Ferner sei der unmittelbare Kontakt, seien enge Beziehungen, gemeinsame Gewohnheiten und gemeinsame Erziehung Bedingungen, die ’sympathizing‘ in einem hohen Maße ermoeglichten.

Ich folgere: Menschliche Empfindungen, deren Anzeichen wir außerhalb dieser guenstigen Bedingungen sensorieren, duerften uns daher mehr oder weniger fremd bleiben, da es uns nur in geringem Maße gelingt, zu Gesten, Mimik und Sprache anderer Nationen und Kulturen adaequate eigene Empfindungen zu erzeugen. Sich ueber diese Unterschiede Klarheit zu verschaffen und jenseits davon sich auf Gemeinsames zu einigen, duerfte dann vermutlich nuetzlich sein.

revisiting: sympathy 4


Transposition

Abhandlung ueber die menschliche Natur 2.1.11.5/6

2.1.11.5

Es scheint so zu sein, dass menschliche Individuen von Natur aus einander sehr aehnlich sind. Diese Aehnlichkeit macht es erklaerlich, dass ein ICH bei einem anderen ICH Empfindungen bzw. Muster von Empfindungen bemerkt, die es parallel dazu bei sich entdecken kann. Das Prinzip „Aehnlichkeit“ duerfte fuer die Denkfabrik „Gehirn“ wie fuer den Koerper gelten. Denn auch wenn Koerperteile von Individuen sich voneinander in Form und Groeße unterscheiden, so bleibt deren anatomische Beschaffenheit und Zusammenstellung im Allgemeinen gleich.

Die Aehnlichkeit zwischen Individuen duerfte fuer jedes ICH eine sehr große Rolle spielen und sie scheint trotz der Variationsvielfalt von Individuen bewahrt werden zu koennen. Die Aehnlichkeit zwischen Individuen duerfte sehr viel dazu beitragen koennen, dass ein ICH Zugang zu den Empfindungen eines anderen ICH erhaelt und nutzbringend und zu seiner eigenen Freude fuer die Kommunikation verwenden kann. Entsprechend scheint es die graduelle Wirksamkeit der Sympathie zu beeinflussen, wenn – außer der allgemeinen Aehnlichkeit natuerlicher Anlagen von Individuen – weitere spezifische Aehnlichkeiten wie Sitten, Charakter, Land und Sprache hinzukommen. Je enger der Kontakt durch diese Aehnlichkeiten zwischen einem ICH und einem anderen ICH ist, desto leichter duerfte ein ICH fantasierend einen Wechsel von den sensorierbaren Anzeichen der Empfindungen des anderen ICH zu seinen Empfindungen herbeifuehren koennen. Dieser Wechsel duerfte im Zusammenhang mit einer lebhaften Vorstellungs- und Empfangsbereitschaft stehen, die kontinuierlich eine Vorstellung von mir selber kreiirt.

2.1.11.6

Die Aehnlichkeit von Individuen duerfte aber nicht der einzige Zusammenhang sein, der auf diese Weise wirkt. Deren Wirkung duerfte auch von anderen Zusammenhaengen – die diese begleiten – verstaerkt werden koennen. Die Empfindungen eines anderen ICH haben einen geringen Einfluss auf mich, wenn es weit von mir entfernt sind. Es duerfte vermutlich der Kontext einer raeumlich nahen Gleichzeitigkeit noetig sein, um Empfindungen vollstaendig teilen zu koennen. Blutsverwandtschaftliche Beziehungen – eine Art kausaler Zusammenhang – duerften manchmal den gleichen Effekt haben, aehnlich wie jede Art zwischenmenschlicher Beziehungen, die in der gleichen, oben beschriebenen Weise etwas in Gang bringen duerften wie auch Erziehung und Gewohnheit. Dazu aber spaeter mehr.

Im Rahmen aller diese Beziehungen bzw. Zusammenhaenge duerfte es moeglich sein, eine ‚impression‘ d.h.eine lebhafte, starke eigene Empfindung auf die Vorstellung von Gefuehlen oder Empfindungen anderer zu uebertragen (zu der uns interindividuell sensorierbare Zeichen anregen), um so in der staerksten und lebhaftesten Art und Weise eigene Empfindungen zu empfangen.

Zu Beginn dieser Abhandlung habe ich festgestellt, dass alle schwachen und blassen Empfindungen (‚ideas‘) starke, lebhafte Empfindungen (‚impressions‘) nachahmen duerften. Beide Arten von Empfindungen unterscheiden sich lediglich durch die verschiedenen Grade ihrer Staerke und Lebhaftigkeit, die ein Mensch empfindet. Die Bestandteile der unterschiedlichen Empfindungen duerften gleich sein. Auch die Art und Weise der Konstellationen der beiden Empfindungsarten duerften einander entsprechen. Auch duerfte eine lebhafte ‚idea‘ von etwas sich immer einer ‚impression‘ annaehern koennen. Allein die Staerke bestimmter Fantasien z.B. kann einen Menschen sich krank fuehlen und Schmerzen empfinden lassen. Ja, er kann sorgar richtig krank werden, wenn er oft daran denkt.

Doch am bemerkenswertesten duerfte sein, dass es prinzipiell moeglich ist, denkend und fuehlend lebhafte ‚ideas‘ in eine ‚impression‘ zu verwandeln. Die eigenen Empfindungen duerften wahrscheinlich vom ICH abhaengen, d.h. von inneren Prozessen und Aktivitaeten des Individuums als von irgendeinem anderen aeuszeren Reiz. Begruendungen und Erklaerungen entstehen vermutlich gleichfalls durch fantasieren und kreiieren lebhafter ‚ideas‘.

Dies alles duerfte die Natur und die Ursache der Sympathie ausmachen. Auf diese Weise duerfte ein ICH zu begruendeten Vermutungen ueber Einstellungen und Empfindungen eines anderen ICH kommen koennen, wann immer es Anzeichen dafuer sensorieren kann.

Original

Treatise of Human Nature 2.1.11.5/6

2.1.11.5

Now ’tis obvious, that nature has preserv’d a great resemblance among all human creatures, and that we never remark any passion or principle in others, of which, in some degree or other, we may not find a parallel in ourselves. The case is the same with the fabric of the mind, as with that of the body. However the parts may differ in shape or size, their structure and composition are in general the same.

There is a very remarkable resemblance, which preserves itself amidst all their variety; and this resemblance must very much contribute to make us enter into the sentiments of others, and embrace them with facility and pleasure. Accordingly we find, that where, beside the general resemblance of our natures, there is any peculiar similarity in our manners, or character, or country, or language, it facilitates the sympathy. The stronger the relation is betwixt ourselves and any object, the more easily does the imagination make the transition, and convey to the related idea the vivacity of conception, with which we always form the idea of our own person.

2.1.11.6

Nor is resemblance the only relation, which has this effect, but receives new force from other relations, that may accompany it. The sentiments of others have little influence, when far remov’d from us, and require the relation of contiguity, to make them communicate themselves entirely. The relations of blood, being a species of causation, may sometimes contribute to the same effect; as also acquaintance, which operates in the same manner with education and custom; as we shall see more fully afterwards. All these relations, when united together, convey the impression or consciousness of our own person to the idea of the sentiments or passions of others, and makes us conceive them in the strongest and most lively manner.

revisiting: sympathy 2


Wie ist sympathisieren moeglich?

Seine Antwort gibt Hume – wie dies bei ihm durchgaengig der Fall ist – als Resuemee seines eigenen ‚hinsehen‘ (observing). Ein Humesches Resuemee hat – so ein Resuemee meiner Transpositionsarbeiten – stets den Charakter von versuchsweisen Schlussfolgerungen, die Hume bereit ist jederzeit zu revidieren. Im Untertitel seiner ‚Abhandlung über die menschliche Natur‘ wird dieser Charakter von Hume als „experimental Method of reasoning“ bezeichnet. Dieser Terminus wird von anderen mit ’naturwissenschaftlicher Methode‘ oder ‚Methode der Erfahrung‘ transponiert. Damit kommt m.E. das vorsichtige Finden und das Humesche Bewerten eigener Resuemees als Annahmen überhaupt nicht in den Blick.

Sympathie im Sprachgebrauch zu Hume’s Zeiten

Zu Humes Zeiten war mit ‚Sympathie‘ im oeffentlichen Sprachgebrauch noch ein Teil der vielfaeltigen griechisch-lateinischen Mitbedeutungen lebendig, die sich auf Physiologisches bezogen. z.B. stand Sympathie fuer ‚mitempfinden, gleiche empfindung, teilhaben an einer beschaffenheit, natuerliche uebereinstimmung von dingen, natuerlicher zusammenhang, wechselbeziehung‘. Gelaeufig war auch noch der eingeschraenktere physiologisch-medizinische Sprachgebrauch, der mit ‚Sympathie‘ den Zusammenhang des erkrankten Organs mit Symptomen an anderen noch intakten Organen beschrieb. Zunehmend aber entstanden im Laufe des 17./18. Jahrhunderts ausgepraegte, metaphorisierte Bedeutungszweige, die mit Sympathie vor allem seelische Beziehungen zwischen Menschen beschrieben. (vgl. ‚Sympathie‘ im DWB) Heute wird unter Sympathie fast ausschlieszlich “Zuneigung, bzw. eine positive gefuehlsmaeszige Einstellung zu jemand anderem” (Duden: Bedeutungswoerterbuch) verstanden.

Sympathie als (neuro)physiologisches Aktivitätsprinzip

Hume bezeichnet mit ’sympathy‘ aus meiner Sicht ein (neuro-)physiologisches Prinzip, das der jeweilige Mensch autonom jeweils situativ unterschiedlich auspraegt – und zwar abhängig vom individuellen Erleben und der als Erfahrung bezeichneten Auswertung des Erlebten. Beides entspricht nach Auskunft der Neurowissenschaften neurophysiologischen Aktivitaetsmustern.

Transposition

Abhandlung über die menschliche Natur, 2.1.11.3

Wenn mein ICH durch Sympathisieren mit Gefuehlen anderer angesteckt wird, sensoriert es zuerst deren Wirkungen. Als Wirkungen bezeichne ich alle sensorierbaren Anzeichen in Koerperhaltung, Mimik, Gestik und in sprachlichen Aeuszerungen von Meinungen und Beobachtungen. Mein ICH sensoriert diese Anzeichen, und so wird ihm eine ‚idea‘ (eine erste eigene schwache Vorstellung) von den Gefuehlen des anderen ermoeglicht. Diese ‚idea‘ wird fuer mein ICH im Handumdrehen staerker und heftiger sensorierbar und verwandelt sich in eine ‚impression‘ (eine sehr starke, lebhafte Vorstellung). Diese erreicht einen entsprechenden Grad von Kraft und Lebendigkeit und ruft in mir genauso eine Emotion hervor, wie jede andere eigene Empfindung.

Orginal

Treatise of Human Nature, 2.1.11.3

When any affection is infus’d by sympathy, it is at first known only by its effects, and by those external signs in the countenance and conversation, which convey an idea of it. This idea is presently converted into an impression, and acquires such a degree of force and vivacity, as to become the very passion itself, and produce an equal emotion, as any original affection.

Gemeinsam geteilte Werte ergeben sich aus gemeinsamem Handeln


Der Mainstream der rationalistisch gepraegten Philosophie geht seit Jahrhunderten davon aus, dass menschliches Handeln durch Vernunft, den Willen, durch Denken, und in folge dieser Erkenntnisse durch absichtliches Streben gelenkt werden koenne. Entsprechend finden sich kulturelle Haltungen und Einstellungen wie sie folgende Termini dokumentieren: Sei doch vernuenftig! Reiss dich doch mal  zusammen!  Streng dich an, dann klappt’s schon! u.a.m. Die Auffassung ,jemand muesse nur zur Besinnung gebracht werden, dann werde er schon zur Vernunft kommen, rechtfertigt im Interesse aller jede Art von Massnahme gegenueber Einzelnen. Es scheint mir privat und oeffentlich feststellbar, dass derartige Appelle und Massnahmen auf das Handeln jedes mit jedem bzw. aller mit allen wenig Einfluss haben duerfte.

Dennoch wird oeffentlich und privat an derartigen Auffassungen unbeirrt festgehalten. Dies duerfte u.a. eine Folge von Enkulturation sein. Sie macht Menschen unempfaenglich fuer das, was ihr Handeln von Anfang ihres Lebens an bestimmt; vermutlich weil es sie schon bestimmte, als Eigenstaendiges noch kaum entwickelt war. Zwischen den Menschen ergibt sich so z.B. die allzu menschliche Neigung den Balken im eigenen Auge zugunsten von Splittern in den Augen anderer zu uebersehen. Ein vergleichbare Empfindungslosigkeit fuer eigene Selbstverstaendlichkeiten – und einer daraus folgenden Distanz- und Kritiklosigkeit für Eigenes – duerfte auch Philosophen aller Zeiten bestimmt haben. Erinnerungen an ihre jeweilige Enkulturation duerften auch ihnen in der Regel kaum zugaenglich sein. Eigene Sichten, Werte und eigenes Verhalten gelten so allzu oft als notwendig gegeben und werden mit Ewigkeitswert ausgestattet. Meinen Kenntnissen nach ueber Metaphysik folgend, gehe ich davon aus, dass auf der Basis dieser kulturell erworbenen Sichten und Werte in der Metaphysik allgemein menschlich gültige Vernunftkonzepte konstruiert und so als Impulsgeber fuer Rat und Tat angesehen werden.

Hume scheint Aehnliches aufgefallen zu sein. Die Vertreter der Metaphysik, so schrieb er zu Beginn seiner ‚Untersuchung ueber den menschlichen Verstand’„… gehen davon aus, dass der Mensch vor allem als ein denkendes anstatt als handelndes Lebewesen betrachtet werden sollte und deshalb kuemmern sie sich hauptsaechlich darum, sein Denken zu verbessern anstatt Zwischenmenschliches. Fuer sie ist Letzteres ein Gegenstand von Spekulationen, das sie eng fokussierten Untersuchungen unterziehen, um so Prinzipien zu finden, die unser Denken regulieren und unsere Empfindungen wecken. Sie fordern uns dann auf, jedes einzelne Ereignis, jede Handlung und jedes Verhalten gemass dieser Prinzipien entweder gut zu heissen oder zu verwerfen.“ (Untersuchung ueber den menschlichen Verstand I, 2)

Da Metaphysiker vernuenftiges Denken zum Motor des menschlichen Handelns erklaerten, behaupteten sie, dass alltaegliches zwischenmenschliches Handeln keine grundlegende Funktion fuer das Entwickeln eigener Werte und der eigenen Faehigkeiten fuer Zwischenmenschliches haben könne. Diesem Ansatz widersprach Hume grundlegend, gruendlich und umfassend, in dem er vom ‚hinsehen‘ auf sein eigenes Handeln und auf das anderer ausging – es folgte die philosophiegeschichtlich dokumentierte Marginalisierung seines ‚philosophieren‘ durch Metaphysiker.

Auszüge aus dem III. Band des Treatise of Human Nature ( Abhandlung über die menschliche Natur)

Handeln anderer beeinflusst das individuelle Handeln

Wuerden Menschen ganz selbstverstaendlich davon ausgehen, dass die in einer Gesellschaft praktizierte Zwischenmenschlichkeit  keinen Einfluss auf Neigungen und Handlungen haette, dann wuerde man sich nicht die Muehe machen, die Menschen immer wieder zu entsprechendem Verhalten  anzuhalten. Nichts waere dann nutzloser, als die Vielzahl einzelner Regeln und Vorschriften, die entsprechende Fachleute reichlich produzieren.

Ueblicherweise unterscheidet man zwischen theoretischer und praktischer Philosophie. Praktische Fragen moralischer Standards werden unter der letzteren abgehandelt. Auch dies unterstellt, dass die in einer Gesellschaft praktizierte Mitmenschlichkeit individuelle Neigungen und Handlungen beeinflussen und dass dieser Einfluss ueber das hinausgeht, was die in aller Ruhe, ungestoert gefaellten Schlussfolgerungen menschlichen Denkens leisten koennen. Diese Einschaetzung wird durch die  allgemeine Erfahrung bestaetigt, der Menschen entnehmen koennen, dass

  • Menschen vor allem ihre Pflichten tun
  • Menschen Handlungen unterlassen, die allgemein fuer ungerecht gehalten werden
  • Menschen im Rahmen ihrer Pflichterfuellung gedraengt werden können anderes zu tun, als sie selber wollten.

Treat. 3.1.1.5

Regeln des Handelns bilden sich im Zusammenwirken aller

Wenn also die in einer Gesellschaft praktizierte Mitmenschlichkeit unser Tun und unsere Neigungen beeinflusst, dann könnte man daraus vermuten, dass mitmenschliche Werte nicht dem Denken entstammen und – wie ich bereits mit Hinweisen auf andere Aspekte deutlich gemacht haben – auch niemals einen vergleichbaren Einfluss haben können. Gesellschaftsweit praktizierte Mitmenschlichkeit ruft ähnliches Engagement der Menschen hervor und produziert oder verhindert ‚menschlich handeln‘.  Das Denken allein versagt hier völlig. Die Regeln mitmenschlichen Handelns dürften deshalb keine Ergebnisse unseres Denkens sein.
Treat. 3.1.1.6

Orginal

Action evokes morality

If morality had naturally no influence on human passions and actions, ’twere in vain to take such pains to inculcate it; and nothing wou’d be more fruitless than that multitude of rules and precepts, with which all moralists abound. Philosophy is commonly divided into speculative and practical; and as morality is always comprehended under the latter division, ’tis supposed to influence our passions and actions, and to go beyond the calm and indolent judgments of the understanding. And this is confirm’d by common experience, which informs us, that men are often govern’d by their duties, and are deter’d from some actions by the opinion of injustice, and impell’d to others by that of obligation.
Treat. 3.1.1.5

Action before reason

Since morals, therefore, have an influence on the actions and affections, it follows, that they cannot be deriv’d from reason; and that because reason alone, as we have already prov’d, can never have any such influence. Morals excite passions, and produce or prevent actions. Reason of itself is utterly impotent in this particular. The rules of morality, therefore, are not conclusions of our reason.
Treat. 3.1.1.6